„Kein Werk im Rücken“

Gestern fand beim 1. FC Köln die Mitgliederversammlung statt. Neben der Wiederwahl von Präsident Wolfgang Overath und anderen Themen, die die Fans bewegen (wie z.B. ein Nichtrauchergesetz im Stadion), setzte sich der alte und neue Präsident mit seiner Rede an die Mitglieder auch für die  Förderung des FC-Nachwuchses ein. „Wir sollten unsere 17- bis 18-Jährigen spielen lassen, sobald wir die Abstiegszone verlassen haben“, erklärte Overath und ergänzte unter dem Applaus der Zuhörer: „Wir müssen eigene Spieler rausbringen. Wir sind nicht Bayern München und haben auch kein Werk im Rücken wie ein Verein hier aus der Nachbarschaft.“

Dass der Präsident damit wohl auch auf Bienvenue Basala-Mazana anspielte, dürfte klar sein. Zusammen mit seinem Mannschaftskollegen Reinhold Yabo gilt der 17-jährige Rechtsverteidiger häufig als Paradebeispiel für die erfolgreiche Kölner Nachwuchsarbeit. Nach der Teilnahme an der U17-Weltmeisterschaft durfte sich „Ben“ aber zunächst eine Woche Sonderurlaub gönnen, bevor er sich über die A-Jugend  für höhere Aufgaben empfehlen kann (er kam 72 Minuten beim 5:1-Sieg gegen Ahlen zum Einsatz). Doch zunächst müssen die etablierten Kollegen im Profikader mit guten Ergebnissen dafür sorgen, dass der FC wieder in ruhigere Fahrwasser gerät und damit der Weg für das ein oder andere Bundesligadebüt eines Nachwuchsspielers möglich wird.

Finanzkräftigere Teams kaufen Talente ein, der FC möchte eigene Spieler rausbringen.

Finanzkräftigere Teams kaufen Talente ein, der FC möchte eigene Spieler rausbringen.

(Text: effzeh., Foto: Andreas Schwartmann)

Neues vom Trrickzzer

Seit 18mal18 den jungen Marco Terrazzino zuletzt besuchte, hat sich an seiner Situation nicht viel verändert. Zwei weitere Erstligaeinsätze stehen zu Buche, bei einem davon, am achten Spieltag gegen Mainz 05, konnte er seinen ersten Scorerpunkt verbuchen. Nach einer Ecke in der 87. Minute gelangte der Ball zu Terrazzino, der ihn kurz zurücklegte, Ibertsberger traf mit einem Sonntagsschuss aus 20 Metern zum letztlich irrelevanten Anschlusstreffer.

Man wäre versucht, das als weiteren Durchbruch zu verkaufen, aber es war nicht mehr als die Annahme und der folgende sichere Kurzpass, die ihm diesen Assist zusprachen. Nach diesem Spiel kam er nur noch einmal zum Einsatz, am zehnten Spieltag wenige Minuten vor dem Ende beim Spielstand von 3:0 für Hoffenheim.

Ganze 20 Bundesligaminuten sind es also bislang in dieser Saison, nicht gerade viel. Allerdings ist es natürlich auch schwer. Im Zuge der neuerlichen Verletzung Demba Bas spielte sich plötzlich Maicosuel in den Vordergrund, der immerhin über 4 Millionen Euro Ablöse gekostet hat. Ibisevic und Obasi sind ohnehin gesetzt. Viel Raum bleibt da nicht für einen Jungen, der noch so viel Zeit hat.

Allerdings kommt Terrazzino auch in der U23 nicht zum Zug, wo er sich gegen Vereine wie Kirchheim/Teck, Astoria Walldorf und den 1. FC Normannia Gmünd Spielpraxis holen könnte. Man muss es so sehen: Derzeit steht die Entwicklung für Terrazzino still. Am morgigen 18. November steht er im Aufgebot der deutschen U19-Nationalmannschaft gegen Schottland. Dort ist er der einzige Spieler mit nennenswerter Erstligaerfahrung, den größten Namen im Team trägt Felix Kroos bislang auch nur wegen seines Bruders Toni. Vielleicht ist dies die Chance, auf sich aufmerksam zu machen.

Bolzplatz oder Stadio Olimpico? Beides! [Programmhinweis]

Heute abend (20.30 Uhr) spielt die deutsche U21 im Stadio Olimpico di Serravalle gegen San Marino ihr erstes „Quali-Endspiel“. Mit von der Partie sind die 18mal18-Protagonisten Richard Sukuta-Pasu, Thomas Müller und Sebastian Rudy (zudem hoffe ich, dass demnächst jemand über den Mainzer André Schürrle schreibt).

Parallel dazu (ab 20 Uhr) wird 18mal18 auf dem 90elf Bolzplatz vorgestellt:

Das Hauptthema der Sendung ist das Blogprojekt „18mal18“, Deutschlands erstes Blogger-Netzwerk über Fußball.

18mal18 ist ein Experiment. 18 Autoren widmen sich je einem 18-jährigem Nachwuchsspieler aus einem der 18 Bundesligavereine. Die Autoren adoptieren den hoffnungsvollen Jungprofi für ein Jahr und begleiten ihn auf dem Weg vom Talent zum etabliertem Bundesligaprofi oder beim Zerplatzen der großen Träume.“

So beschreibt Robert vom liga.parkdrei.de Blog das Projekt „18mal18“ und auch wenn bisher noch nicht alle Vereine abgedeckt werden konnte, verspricht es interessante Einblicke in den Spieleralltag. Zu Gast im Studio haben wir zu diesem Thema Autoren des Projekts und sprechen über Ihre Eindrücke und erfragen die ein oder andere Anekdote.

Es dürfte durchaus möglich sein, gleichzeitig Fußball zu schauen (wo auch immer) und zu hören, oder?

In eigener Sache: Programmhinweis

Heute abend widmet sich das Fußballradio 90elf in seiner Sendung Bolzplatz ab 20 Uhr unter anderem unserem Projekt 18mal18 und wird auch einige der beteiligten Autoren zu Wort kommen lassen.

Etwas mehr zum Kontext gibt’s in der 90elf-Ankündigung.

(Aus aktuellem Anlass hat sich das erledigt. Ist auch nicht angebracht, dann munter zu plaudern. Robert Enke ist laut Medienberichten verstorben.)

Veröffentlicht unter Alles

Ballpodder Podcast

nedfuller und Catenaccio sprechen mit Jürgen Kalwa (American Arena) im sowieso sehr empfehlenswerten Ballpodder-Podcast diesmal unter anderem über 18mal18 und „ihre“ Spieler. Außerdem äußert sich hier Trainer Baade erstmals öffentlich zum Fall „Jako vs. Trainer Baade“.

Ballpodder Podcast 7 Catenaccio Nedfuller Trainer Baade by jkalwa

Kommentare zwecks Bündelung bitte in der virtuellen Heimat des Projektes – bei probek – abgeben.

Toni Kroos: Hier spricht der Wunderknabe

Das ist die Schlagzeile, mit der der Kicker seine aktuelle Ausgabe auf der Webseite bewirbt – und die mir nachhaltig den Tag versaut hat.

kicker_kroos

Toni Kroos – eine Zeitlang und vielleicht bald wieder „the next wunderkind“ in Fußballdeutschland – ist zwar nicht direkt Gegenstand der Berichterstattung hier, aber da das leider exemplarisch ist, gehört es auch hier hin. Sagt mal, Ihr in Nürnberg, geht’s noch? Schaut doch mal bei Catenaccio nach, schaut doch mal in Euren eigenen Artikeln nach. Es ist ja schön, dass es ein großes Interview gibt, aber nur weil Kroos am Wochenende mal mit Wumms und Technik ein schickes Tor macht, ist er jetzt wieder der Wunderknabe? Nachdem einige schon an seiner Bundesligatauglichkeit zweifelten? Und in zwei Wochen wird sich darüber gewundert, dass er immer noch nicht Messi ist, dass Mama Hoeneß wieder mit hochrotem Kopf durch irgendwelche Mixed-Zones rennt, um seine Küken zu schützen oder es wird ganz locker aus der Hüfte der nächste begabte 19-Jährige als Wunderknabe bezeichnet. (Ist man als 19-Jähriger eigentlich überhaubt noch „Knabe„?) Man kann ja solche Überschriften bringen, dann soll man aber bitte nicht an anderer Stelle den Wächter auf dem Pfad der Tugend – sei immer brav, strebsam und lasse Dir den Erfolg nicht zu Kopf steigen – markieren.

Ich habe jedenfalls überhaupt keine Lust, nach so einem Teaser, den Kram überhaupt zu lesen. Und ja, ich weiß, dass sich das nicht gehört, über etwas zu schreiben, was man nicht gelesen hat, aber allein solche Schlagzeilen machen mich mürbe.

Mario Götze und die U 17-WM in Nigeria

Mario Götze kann Spiele alleine entscheiden“ so der Trainer der U 17-Nationalmannschaft, Marco Pezzaiuoli, nach dem Überstehen der Gruppenphase. Die WM verläuft zwar etwas holprig, aber bis jetzt ganz im Sinne der Deutschen und natürlich auch von Mario Götze.
Schon im ersten Spiel gegen Gastgeber Nigeria konnte der Dortmunder überzeugen. Mit einer Vorlage und einem Tor hatte er großen Anteil an dem ersten Punkt im Turnier.

Deutschland – Nigeria 3:3

Alle Zeichen standen auf Sieg, denn die Deutschen führten bis zur 53.min noch mit 3:0. Die DFB Junioren legten einen furiosen Start hin. So war es meinem 18mal18 Patentalent vorbehalten, schon in der 9.min den Pfosten zu treffen. Ein paar Augenblicke später setzte der Hoffnungsträger wieder Akzente … Präzise bediente er per Flanke Lennart Thy, der mühelos vollendete – der erste Scorerpunkt im Turnier. Nachdem Buchtmann den 2:0 Pausenstand herstellte, sollte sich Mario kurz nach Wiederanpfiff seinen nächsten Scorerpunkt holen, aber diesmal in Form eines Tores. Nach Flanke von Mustafi köpfte der Spielmacher überlegt zum 3:0 ein.
Danach aber folgte ein komplett anderes Spiel. In der 53.min Notbremse Labus, den fälligen Elfmeter verwandelten die Nigerianer sicher. 360 Sekunden später das 2:3 und voller afrikanischer Euphorie in der 61.min der Ausgleich und nur wenig später liegt der Spielmacher Mario Götze verletzt am Boden und muss ausgewechselt werden. Das ist Fussball …
Zum Glück stellte sich schnell heraus, dass es bei Mario nichts Ernsthafteres ist und er weitere Möglichkeiten haben wird in dem Turnier zu glänzen und seine Kariere weiter anzukurbeln.

Deutschland – Argentinien 1:2

Beim ersten nennenswerten Angriff machte Mario Götze seinen dritten „Scorerstreich“ und erzielte gegen den WM Mitfavoriten die 1:0 Führung. Und wieder mit dem Kopf. Es scheint, als sammelt er weitere Attribute auf dem Weg zum kompletten Spieler. In diesem Spiel glänzte Mario Götze noch in vielen Situationen und stellte sich in einer harten Partie als sehr zweikampfstark dar. Das macht einen glücklich, zumal der Dortmunder im Vorfeld der WM lange verletzt war. Jetzt ist er wieder da und läuft zu Topform auf. Doch auch diesmal konnten die Deutschen den Vorsprung nicht über die Zeit retten und verloren am Ende 1:2.

Deutschland – Honduras 3:1

Das letzte und entscheidende Spiel der Vorrunde entschieden die Deutschen für sich und lösten so ihre Tickets für das WM-Achtelfinale. Auch in diesem Spiel hatte unsere Nummer 10 Anteil am Sieg. Lange sah es so aus, als ob die Deutschen vom Virus der Abschlussschwäche heimgesucht wurden, denn trotz zahlreicher Chancen an denen Mario oft beteiligt war stand es zur Halbzeit 0:0. Und dann noch schlimmer, denn nur eine Minute waren die Mannschaften in Hälfte Zwei aktiv und es stand plötzlich 0:1. Doch Thy sorgte mit einem Doppelpack in der 55. und 56.min für die lang ersehnte 2:1 Führung – die Vorlage zum zweiten Treffer war Götzes vierter Scorerpunkt – ein sehr guter Wert. Bei mehr als 50% aller Tore der Deutschen war er maßgeblich beteiligt.

Achtelfinale: Deutschland – Schweiz am 4.11.2009

Nach der Vorrunde kann man mit Hilfe von Trainer Marco Pezzaiuoli ein kleines Fazit ziehen. Denn er betonte noch einmal, dass Mario Götze schon beim EM Titel in Deutschland einer der auffälligsten Spieler war. Und auch bei diesem Turnier wusste der Trainer genau, warum er Götze nach sechswöchiger Verletzungspause mitnahm. Und weiter in diesem Fazit wird erwähnt, dass Mario mit Vertrag bis 2012, nach der WM regelmäßig bei den Profis trainieren wird. Götze selbst sagt: „Es ist ein positives Zeichen für mich, wenn man direkten Kontakt zum Profikader hat. Das ist ein weiterer Schritt in meiner Karriere.“
Weiter träumt er von einem Spiel vor 80.000 Fans in der BVB Arena und erzählt von seiner Vorliebe für Arsenal London und den FC Barcelona, die ja vielleicht irgendwann einmal eine deutsche „Nummer 10“ haben. Jetzt geht es aber erstmal gegen die Schweiz und vielleicht sammelt Mario ja weiter Scorerpunkte und bleibt einer der auffälligsten Spieler der U-17 WM in Nigeria.

2 von 18: 16 und 43

Auf der Stuttgarter Waldau trafen heute zwei 18mal18er aufeinander: auf Stuttgarter Seite spielte Sebastian Rudy mit der Nr. 16 zunächst im linken, nach einem frühen verletzungsbedingten Wechsel im rechten Mittelfeld, beim Gast aus Bremen hatte die Nr. 43, Pascal Testroet, seine Verletzung doch rechtzeitig überwunden und lief im Sturm auf. Keiner der beiden konnte dem Spiel seinen Stempel aufdrücken; letztlich hatte aber nicht nur die Mannschaft von Werder Bremen, sondern auch Testroet in diesem Duell die Nase vorn.

Der junge Bremer wirkte sehr robust, anfängich auch etwas unbeherrscht, und beschäftigte die Stuttgarter Innenverteidiger während das gesamten Spiels, wobei er mich ein wenig an Benjamin Auer erinnerte. Unmittelbare Torgefahr strahlte er allerdings nur selten aus.  Sebastian Rudy hingegen hatte die größte Torchance des gesamten Spiels, setzte den Ball aber aus kurzer Distanz an das Außennetz. Ansonsten zeigte er sich zumeist ballsicher, mitunter agierte er aber etwas zaghaft und ließ sich einige Bälle stibitzen.

Nachdem er zuletzt in Hannover noch eine halbe Stunde in der Bundesliga spielte, ist er nun also wieder zurück in der Drittligamannschaft, wo er in den letzten Wochen zumeist zum Einsatz kam und dabei auch den Siegtreffer gegen Burghausen erzielte.

Ob sich Rudy tatsächlich, wie in der lokalen Presse kolportiert, mit Abwanderungsgedanken zur Winterpause trägt, weiß ich nicht; überraschen würde es mich indes nicht. Während es für einige andere 18mal18er ein Erfolg wäre, das eine oder andere Mal bei einem Bundesligaspiel im Kader zu stehen (so sicherlich auch für Pascal Testroet), ist Rudy eigentlich schon einen Schritt weiter – dementsprechend sind seine Ziele zweifellos etwas höher angesiedelt.

Ich würde mir natürlich wünschen, dass er seine Bundesligaeinsätze weiterhin in Stuttgart bekommt und diese Chancen dann auch nutzt. Um sie zu bekommen, darf er allerdings auch in Liga 3 durchaus noch eine Schippe drauflegen.

Der lange Weg zum Fußballprofi

In der dritten Liga läuft es für Pascal Testroet in dieser Saison gut. Man könnte sogar sagen richtig gut – wären da bloß nicht diese Verletzungen. Nachdem er einen Bänderriss überstanden hatte und sich mit bereits drei Doppelpacks in der laufenden Saison in toller Form präsentierte, verpasst er wohl nun durch eine neuerliche Verletzung die große Chance auf sein Debut in Werders Profiteam. Diese Chance hätte der beste Torschütze aus Werders U23-Mannschaft wiederum dem Verletzungspech seiner Mannschaftskameraden zu verdanken gehabt.

Claudio Pizarros Einsatz im Bundesligaspiel morgen gegen Nürnberg ist noch unklar. Hugo Almeida ist nach langer Pause körperlich noch nicht wieder auf der Höhe. Marcelo Moreno verletzte sich bei seinem Auftritt im Pokal gegen Kaiserslautern ebenso wie Torsten Oehrl, Pascals Sturmkollege aus der zweiten Mannschaft, der am Mittwoch sein erstes Tor für die Profis erzielt hatte. Neben dem gesetzten Marko Marin stehen damit nur noch Markus Rosenberg und Said Husejinovic für den Angriff zur Verfügung. Beide haben bei Thomas Schaaf momentan nicht die besten Karten: Rosenberg wurde letztes Wochenende aus dem Spieltagskader gestrichen und musste im Pokal 90 Minuten auf der Bank sitzen. Husejinovic gehört zu den drei Spielern, die in der letzten Transferperiode verkauft werden sollten und nun nicht mehr eingesetzt werden. Am Mittwoch stand er zum ersten Mal in dieser Saison im Kader. Es hätte Pascals große Chance sein können.

Nun hat er sich am Mittwoch im Training eine Fußverletzung zugezogen und wird vermutlich nicht rechtzeitig bis zum Spiel wieder fit. Im Fußball sind es oft diese kleinen Zufälle, die über den Durchbruch eines Spielers entscheiden können. Teamkollege Oehrl hat es vorgemacht: Er war häufig zwischen erster und zweiter Mannschaft gependelt, stand teilweise an einem Wochenende bei zwei Spielen im Kader. Am Mittwoch konnte er sich mit seinem Tor für weitere Einsätze empfehlen. Seinen Einsatz über 45 Minuten hatte er Morenos Verletzung zu verdanken. Eine ähnliche Situation hätte auch Pascals Profikarriere ankurbeln können. So heißt es für ihn nun weiterhin hart zu arbeiten, in der dritten Liga Leistung zu bringen und auf die nächste Chance zu warten. Irgendwann wird er sie bekommen und hoffentlich auch nutzen. Doch wann?

Es ist Pascals erste „richtige“ Saison im Herrenbereich, letzte Saison spielte er bekanntlich noch A-Jugend. Ein zu früher Einsatz in der Bundesliga kann die Entwicklung auch bremsen, dem Spieler fälschlicherweise signalisieren, er hätte schon viel erreicht. Auch die Öffentlichkeit könnte falsche, überzogene Erwartungen schüren, denen der Spieler (noch) nicht entsprechen kann. Man bedenke zum Beispiel die ersten Einsätze von Kevin Schindler oder Martin Harnik in Werders Profikader. Auf der anderen Seite kann der Schritt in den Profifußball auch zu spät kommen, bzw. gar nicht. Wer nach einigen Jahren in der zweiten Mannschaft eines Profivereins den Sprung in den A-Kader nicht geschafft hat, der wird ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr schaffen. Die betreffenden Spieler sehen sich dann zumeist von selbst nach einem Arbeitgeber um, oder es wird ihnen vom Verein nahegelegt.

Zur Veranschaulichung zwei Beispiele: Ein ehemaliger Amateurspieler von Werder Bremen, dessen Namen ich nicht nenne, erzählte mir folgende Geschichte: Im Sommer 1997 gehörte er zu Werders Amateurkader. Trainer war damals ein gewisser Thomas Schaaf. Dessen Kollege bei den Profis, Dixie Dörner, stand bei Fans und Vereinsführung nach schwachem Saisonstart in der Kritik. Ein internationales Blitzturnier auf Teneriffa sollte die Mannschaft fernab vom Medienrummel zurück in die Spur bringen. Der Profikader wurde dabei um einige Amateure ergänzt; darunter auch besagter Spieler. Was folgte war eines der dunkelsten Kapitel in Werders Nachkriegsgeschichte. Gegen Gastgeber CD Teneriffa kassierte Werder eine 0:4-Klatsche. Torjäger Roy Makaay fertigte Werder in nur 16 Minuten mit einem Viererpack (!) ab. Vor dem Spiel am nächsten Tag gegen Atletico Madrid herrscht höchste Anspannung. Das Schicksal des Trainers steht auf dem Spiel. Dieser nimmt einige Umstellungen an der Mannschaft vor, setzt einige Amateure auf die Bank (meiner Erinnerung nach behauptete der besagte Spieler, in diesem Spiel zum Einsatz gekommen zu sein, was sich in der Spielstatistik jedoch nicht erkennen lässt). Werder spielt desolat, verliert das Spiel mit 0:8. Damit sind Dörners Tage auf der Trainerbank gezählt und auch der besagte Spieler beendet einige Zeit später demotiviert seine Karriere. Auslöser sei dieses Spiel gegen Atletico gewesen. Nach ein paar Jahren auf Regionalliganiveau hätte er gedacht, dass ihm niemand mehr etwas vormachen könnte. Spieler wie Christian Vieri und Juninho belehrten ihn wohl eines besseren. Der Schritt zum Profifußball war eindeutig zu groß.

Das zweite Beispiel betrifft ebenfalls einen ehemaligen Werder-Amateur, der inzwischen bei Borussia Wuppertal in der 3. Liga aktiv ist. In diesem Fall nenne ich den Namen: Mario Neunaber. Ich lernte Mario während meines Studiums kennen. Im Jugendbereich hatte er mit einigen Freunden von mir zusammen bei VfL 07 Bremen gespielt. Mit 13 wechselte er zu Werder Bremen. Er gehörte zu den wenigen, die es bei Werder durch den Jugendbereich bis in die Amateurmannschaft geschafft hatten. Ein echtes Eigengewächs. Doch dann ging es nicht mehr weiter. Der erhoffte Sprung zu den Profis blieb aus und Mario wechselte im Januar 2004 zu Sachsen Leipzig. Es folgte eine bewegte Karriere über die Stationen Preußen Münster, Kickers Emden, FC Ingolstadt und nun schließlich Wuppertal. Mit Ausnahme einer Saison in der 2. Bundesliga spielte er ausnahmslos in Liga 3. Bedenkt man, wie viele Spieler beim Kampf um eine Profilaufbahn auf der Strecke bleiben, ist das eine herausragende Leistung. Den großen Schritt zum „richtigen“ Bundesligaprofi hat er trotzdem nicht geschafft.

Vielleicht reichte in beiden Fällen das Talent für eine große Fußballkarriere einfach nicht aus. Auch wenn man die Rolle des Zufalls* nicht unterschätzen sollte, wenn es um den Einstieg ins Profigeschäft geht, liegt es doch am Spieler selbst, seine Chance zu nutzen, wenn sie sich bietet. Und einmal bietet sie sich jedem. Früher oder später wird sich für Pascal Testroet eine ähnliche Situation wie an diesem Wochenende ergeben. Hoffentlich wird es für ihn der richtige Zeitpunkt sein. Denn dass er das Zeug zum Fußballprofi hat, ist nicht nur in Bremen unbestritten.

Edit: Zum zweiten Mal schreibe ich über eine Verletzung, wegen der Pascal Testroet beim nächsten Spiel nicht dabei sein kann – zum zweiten Mal steht Pascal noch am selben Tag trotzdem auf dem Platz. Vielleicht sollte ich ihm jede Woche eine Verletzung andichten…

* Wahlweise durch „Schicksal“ oder „Fußballgott“ ersetzen.

Leih mich aus

Richard Sukuta-Pasu genießt in Leverkusen den größten Respekt. Die Verantwortlichen des Vereins scheinen stets das Beste für den Junioren-Nationalspieler zu wollen. So überlegte man vor der Saison 2009/2010 Sukuta-Pasu auszuleihen. Zu gering schienen die Chancen für den 19-Jährigen, dass er Spiele auf höchsten Niveau machen könnte. Doch dann verletzte sich Patrick Helmes und man verwarf den Plan des Leihgeschäfts. Man bräuchte ja noch einen Stürmer in der Hinterhand.

Leider ist Sukuta-Pasu nicht über diesen Status hinausgekommen. In der ersten Mannschaft kam er nicht einmal zum Einsatz, auch nicht über den Umweg einer Einwechslung. Zu übermächtig ist die Konkurrenz im Sturm der Werkself. Während Stefan Kießling und Eren Derdiyok als Stammduo regelmäßig gute Leistungen zeigen und Tore schießen, ist Theofanis Gekas zwar in der Bundesliga alles andere als erfolgreich, dafür aber in der Nationalelf Griechenlands, was ihm bei Bayer zumindest Kurzeinsätze garantiert.

Sukuta-Pasu dagegen muss sich in der Regionalliga-Mannschaft beweisen (5 Spiele, 1 Tor) oder darf für die Junioren-Mannschaften des DFB ran. So zum Beispiel in Ägypten bei der U20-Weltmeisterschaft. Dort zeigt er auf hohem Niveau, dass er Leistungsträger sein kann und nebenbei helfen solche Turniere ungemein bei Entwicklung eines jungen Spielers. Der Leverkusener erzielte zwei Tore und scheiterte mit der Mannschaft erst im Viertelfinale unglücklich an Brasilien.

Der Winter naht nun, Patrick Helmes steht wieder auf dem Trainingsplatz und Sukuta-Pasus Chancen werden nicht gerade größer in den Kader zu rutschen. Zwar munkelt man gerade, dass Theofanis Gekas im Winter ausgeliehen werden könnte, jedoch bin ich der Meinung, dass der Junioren-Nationalspieler sich beispielsweise bei einem Zweitligisten erste Sporen auf höherem Niveau verdienen sollte. Wie gut so etwas einem Spieler tun kann, der noch in der Entwicklung steckt, durfte man bei Stefan Reinartz beobachten, der in der letzten Saison an Nürnberg ausgeliehen war und dort zum Leistungsträger avancierte.

In dieser Saison spielt Reinartz in den Planungen Jupp Heynckes immer wieder eine Rolle als Spieler, der sowohl in der Innenverteidigung, als auch im Mittelfeld spielen kann. Genau so etwas kann man Richard Sukuta-Pasu nur wünschen. Eine Saison einfach spielen, Matchpraxis sammeln, Tore schießen und zeigen was man drauf hat. Als Stürmer Nummer 4 oder gar 5 bei einem Spitzenverein kommt man nicht weiter in seiner Entwicklung.

Liebe Bayer-Bosse. Leiht ihn aus. Es kann nur in eurem Interesse sein!