…unter meinem Brustring.
Einerseits habe ich ein großes Interesse daran, dass der VfB Stuttgart das derzeit wohl größte Talent aus dem eigenen Nachwuchs hegt und pflegt, fördert und fordert, und in den nächsten Jahren ganz groß herausbringt.
Andererseits habe ich ein großes Interess daran, dass Sebastian Rudy, der seine Qualitäten bereits auf sehr hohem Niveau bewiesen hat, spielt. Häufig spielt. Natürlich auch gut spielt. Und groß herauskommt.
Wieso eigentlich einerseits – andererseits? Im Grunde ließen sich doch beide Vorstellungen wunderbar verbinden. Der VfB lässt Rudy spielen, der bringt starke Leistungen. VfB zufrieden. Rudy zufrieden. Ich zufrieden.
Allein: die Realität sieht derzeit ein wenig anders aus. Zum zweiten mal in der laufenden Saison wird über einen Vereinswechsel von Sebastian Rudy spekuliert. Einschließlich Zitat von Rudy selbst, der sich auf die Frage, was sei, wenn er weiterhin kaum spiele, geantwortet haben soll, dass er sich dann „Gedanken machen“ müsse, was sich laut Stuttgarter Nachrichten auf einen möglichen Abschied bezog.
Bereits Mitte der Vorrunde waren in den hiesigen Medien ähnliche Spekulationen formuliert worden, ehe sich Rudy noch unter Markus Babbel in die Mannschaft spielte und beim Champions League Spiel in Glasgow seinen bisher größten Auftritt hatte: Rudy Tuesday!
In den verbleibenden beiden Spielen unter Markus Babbel spielte er durch, was allerdings kein sehr großes Vergnügen gewesen sein dürfte: in Leverkusen kam man unter die Räder, gegen Bochum war er Teil einer völlig verunsicherten Mannschaft und musste noch dazu als Vorzeigeobjekt für Markus Babbels (inhaltlich in Teilen nicht unberechtigte, aber vom falschen Mann zum falschen Zeitpunkt vorgebrachte) Fanschelte herhalten.
Christian Gross setzte auf Timo Gebhart, und machte damit aus heutiger Sicht keinen Fehler. In den vier bis zur Winterpause verbleibenden Spielen wurde Rudy stets eingewechselt, zumeist für Aliaksandr Hleb, einmal für Timo Gebhart, und manches deutete darauf hin, dass die beiden äußeren Mittelfeldpositionen unter diesen dreien ausgemacht würden.
In der Tat wird Hleb auch nach der Winterpause weiterhin zuverlässig in jedem Spiel ausgewechselt, in aller Regel trifft ein zweiter Wechsel die rechte Mittelfeldposition, doch der Nachrücker heißt nicht Rudy. Roberto Hilbert hat sich wieder in den Fokus gespielt, Zdravko Kuzmanovic wird gelegentlich nach rechts geschickt, weil die Mitte belegt ist, und selbst Christian Träsch kam schon auf der offensiven Außenposition zum Einsatz.
Sebastian Rudy musste zusehen. In der Wintervorbereitung zog er sich einen Innenbandeinriss zu, der ihn zu einer Pause zwang. Danach wurde er zwar wieder gesund gemeldet; im Bundesligakader tauchte er indes lange ebenso wenig auf wie in den Medien. Da zudem die ersten Rückrundenspiele des VfB II der Witterung zum Opfer fielen, gab es auch aus dieser Ecke nichts über Rudy zu hören – wie sich herausstellte, wäre letzteres die richtige Fährte gewesen: als die Stuttgarter Reserve in Wehen endlich in die Rückrunde starten konnte, stand Sebastian Rudy auf dem Platz. Und bereitete zwei Tore vor.
Auch wenn an der Sprachregelung „Rudy hilft beim VfB II aus“ festgehalten wurde, setzten etwa zu dieser Zeit die neuerlichen Spekulationen um Rudys Zukunft beim VfB oder eben woanders ein. Wie gesagt: Spekulationen. Aber man ist in Stuttgart ein wenig kritisch geworden, was den Umgang des Vereins mit dem Tafelsilber anbelangt, nachdem zuletzt Marvin Compper, Andreas Beck, Christian Gentner und gar Tobias Weis in der Fremde zu Nationalspielern wurden (wobei ich einräume, dass auch ich in der jeweiligen Situation weder Beck noch Weis um jeden Preis gehalten und auch bei Gentner schwer überlegt hätte).
Von Vereinsseite wurden die Spekulationen bisher nicht kommentiert, geschweige denn dementiert, was ich für ein gutes Zeichen dahingehend halte, dass man weiterhin auf Rudy setzt. Trainer Gross soll ihm deutlich geamcht haben, dass er durchsetzungsfähiger, vielleicht auch bissiger werden müsse (meine Rede), und auch Rudy sucht die Schuld für die zuletzt schwierige Phase nach wie vor bei sich selbst, bzw. bei den Konkurrenten, die ihm derzeit „einen Schritt voraus“ seien. Was meine Sympathie für den jungen Mann nicht geringer werden lässt.
Am vergangenen Samstag in Köln durfte Rudy erstmals im neuen Jahr wieder mitspielen und war nach seiner Einwechslung eine Viertelstunde vor Schluss an mehreren gefährlichen Situationen beteiligt, wenn auch gegen einen FC Köln, der sich zu diesem Zeitpunkt längst aufgegeben hatte.
Es wäre ihm zu wünschen, dass es nun wieder aufwärts geht. Falls nicht, kann er sich zum Saisonende hin immer noch „Gedanken machen“. Dann hoffe ich, dass der VfB auch mit- und über eine Ausleihe nachdenkt. Aber das ist mit Abstand nur die zweitbeste Lösung. Lieber würde ich in den nächsten Monaten wieder vermehrt über Rudys Bundesligaeinsätze für den VfB schreiben.